Rauchentwöhnung mit der Mesotherapie

aus: „Die Naturheilkunde“ Heft 4-2016.

von Britta Knoll, Deutsche Gesellschaft für Mesotherapie (DGM)

Die Gesundheit, finanzielle Ersparnis, frischeres Aussehen – es gibt viele Gründe mit dem Rauchen aufzuhören. Doch viele Raucher schaffen es nicht, auf Zigaretten zu verzichten, auch wenn sie eigentlich gar nicht mehr rauchen wollen. Neben der körperlichen Abhängigkeit sind es vor allem die psychische Gewöhnung an die Zigarette und die Angst vor Entzugserscheinungen, die immer wieder zu Rückfällen führen. Doch Symptome wie Nervosität, Schlafstörungen oder Gewichtszunahme lassen sich durchaus in den Griff bekommen, etwa mit der Mesotherapie. In der Regel reicht eine einzige Behandlung, um eine sofortige Abneigung gegen Zigaretten zu entwickeln und die üblichen Entzugserscheinungen sowie rauchertypische Beschwerden stark abzumildern. Voraussetzung für den Erfolg ist aber der feste Entschluss des Einzelnen mit dem Rauchen aufzuhören – und dafür muss der Patient selbst aktiv zu werden.

Atherosklerose, Atemwegsleiden wie COPD und Krebserkrankungen – der Konsum von Tabakprodukten schädigt fast jedes Organ im Körper. Wie gesundheitsschädlich Rauchen ist, dürfte heute flächendeckend bekannt sein. Dennoch können viele nicht von den Zigaretten lassen, denn Rauchen gehört zu den stärksten Süchten überhaupt. Inhaliertes Nikotin gelangt sehr schnell ins Gehirn, wo es an nikotinerge Acetylcholin-Rezeptoren bindet und die Freisetzung von Dopamin anregt. Dies löst Glücks- und Lustgefühle aus und kann sowohl entspannend als auch anregend wirken. Durch die relativ kurze Wirkspanne des Nikotins verlangt der Körper schon bald nach einer weiteren Dosis, schnell werden auch größere Mengen notwendig, um das Wohlgefühl auszulösen, so dass sich recht schnell eine körperliche Abhängigkeit entwickelt. Dabei werden neue Nikotinrezeptoren gebildet, die, sobald sie unbesetzt sind, also rund fünf Stunden nach der letzten Zigarette, zu den typischen Entzugserscheinungen führen: Reizbarkeit, Unruhe oder Antriebslosigkeit.

Daneben kommt es zu einer psychischen Abhängigkeit, die durch die vielfältigen Funktionen verstärkt wird, die Zigaretten im Leben des Rauchenden übernehmen: Rauchen kann Ausdruck der Geselligkeit sein, Kontakt zu anderen Menschen erleichtern, willkommener Anlass für Pausen sein oder sogar den Tagesablauf strukturieren. Viele Handlungen werden direkt mit dem Rauchen verknüpft und durch ständiges Wiederholen erlernt und ritualisiert, etwa Telefonieren, Kaffee trinken oder die obligatorische Zigarette nach dem Essen. Oft reicht dann schon der Kaffeegeruch aus, um das Verlangen nach einer Zigarette auszulösen.

Die Sucht nach Tabakprodukten wird zudem dadurch erleichtert, dass sie gesellschaftlich weitgehend akzeptiert und legal erhältlich sind und deswegen fast immer und überall zur Verfügung stehen und konsumiert werden können. 

Die meisten Raucher wollen aufhören

Der Anteil an Rauchern in der Bevölkerung ist rückläufig. Vor allem unter Kindern und Jugendlichen hat sich der Anteil in den vergangenen 15 Jahren erfreulicherweise verringert: Rauchten Ende der 1990er-Jahre noch 30 Prozent der 12- bis 17-jährigen, sind es heute nur noch 10 Prozent. Aktuell gibt es immer noch etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland, die rauchen. Doch die Mehrzahl bereut es, jemals damit angefangen zu haben: Laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum haben nur 35 Prozent der Raucher noch nie im Leben versucht, mit dem Rauchen aufzuhören. Als Hauptgründe werden genannt: die eigene Gesundheit, die Vorbildfunktion gegenüber Kindern und die finanzielle Ersparnis.1

Nur etwa die Hälfte aller Raucher schafft den Rauchstopp letztendlich, oft erst nach mehreren Versuchen. Eine Rolle dürfte dabei spielen, dass es die meisten ohne Hilfsmittel versuchen. Ohne Unterstützung liegt die Erfolgsquote beim ersten Versuch aber schätzungsweise bei nur drei bis sechs Prozent. Mit Hilfsmitteln wie Nikotinersatzprodukten, Akupunktur, Medikamenten oder der Mesotherapie, die die körperlichen Entzugserscheinungen lindern, lassen sich die Erfolgsaussichten stark verbessern. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit erfolgreich aufzuhören etwa um das Dreifache, wenn Hilfsmittel wie Verhaltens- oder Pharmakotherapie eingesetzt werden. Auch gibt es eine Gruppe von Rauchern, die den Rauchstopp aus Angst vor Entzugserscheinungen gar nicht erst versucht: Oft sind es Geschichten aus dem Bekanntenkreis über Unruhe, Stimmungsschwankungen und Gewichtszunahme die sie davon abhalten. Auch eigene gescheiterte Versuche in der Vergangenheit können das Bild verfestigen, dass man es einfach nicht schafft. Mit Hilfsmitteln kann diesen Ängsten entgegengewirkt werden, idealerweise in Kombination mit einer Verhaltenstherapie.

Rauchentwöhnung mit Mesotherapie

Die Mesotherapie hat sich als wirksame Methode für die Rauchentwöhnung bewährt. Das Verfahren, das auch als „Rauchfrei- Spritze“ bekannt ist, führt in den meisten Fällen zu einer augenblicklichen Aversion gegen Zigaretten, schwächt die Entzugssymptomatik wie ein vermehrtes Hungergefühl, Kreislaufprobleme oder Stimmungsschwankungen stark ab und ist dabei so gut wie frei von Nebenwirkungen.

Bei der Mesotherapie handelt es sich um ein minimalinvasives Behandlungsverfahren, bei dem individuell zusammengestellte, niedrig dosierte Medikamente und Wirkstoffe epi- oder intradermal am Ort der Beschwerden injiziert werden. Weitere Einsatzgebiete neben der Tabakentwöhnung sind etwa Schmerzerkrankungen, Durchblutungs- und Wundheilungsstörungen oder rheumatische Erkrankungen und Arthrosen. Bekannt ist die Mesotherapie auch als Verfahren der ästhetischen Medizin, etwa zur Behandlung von Fältchen, Haarausfall oder Cellulite. Sie zeichnet sich durch eine sanfte und gleichzeitig langanhaltende Wirkweise aus, die durch das Zusammenspiel von pharmakologisch aktiven Substanzen und dem mechanischem Reiz der Nadelung erreicht wird. Das Prinzip der Mesotherapie mit „wenig, selten, am Ort der Erkrankung“ wird bei der Behandlung psychosomatischer, bzw. körperlich nicht unmittelbar lokalisierbarer Störungen durch die gezielte Nutzung ausgewählter Akupunkturpunkte erweitert.

So kommt bei der Tabakentwöhnung eine Mischung aus Vitamin B, Homöopathika, Magnesium und Lidocain zum Einsatz. Diese wird an sechs Punkten in Form von intrakutanen Quaddeln an bestimmten Akupunktur- und Reaktionspunkten eingebracht: beidseits am nasalen Ende der Nasolabialfalte, an der Anthelix-Basis sowie an einem Sucht-Punkt oberhalb des Ohres. Die verwendeten Kanülen sind extrem fein und von besonderem Schliff, sodass die Injektionen, die nur wenige Millimeter tief in die Haut erfolgen, kaum wahrgenommen werden. Zusätzlich dient das Lidocain als Lokalanästhetikum.

Die Injektionen modulieren die Immunzellen und steigern die Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Bindegewebes. Die Quaddeln fungieren als Wirkstoffdepot in der Haut, das einen schnellen und gleichzeitig anhaltenden Effekt bewirkt. Von dort aus gelangen die Substanzen über Diffusionsprozesse auch in tiefer liegende Strukturen, aber in der Regel nicht in den systemischen Kreislauf, da die Matrix des Bindegewebes für eine Metabolisierung der Wirkstoffe sorgt. Somit entfallen gastroenterale Resorptionsprobleme und es kommt auch nicht zum Wirkstoffverlust durch die enterohepatische Passage. Die eingesetzten Wirkstoffe können und müssen daher in deutlich reduzierter Dosierung (low-dose) verwendet werden. Das macht die Mesotherapie besonders verträglich, ohne ihre Wirksamkeit zu beeinträchtigen. Die anhaltende Wirkung der Therapiemethode bei der Tabakentwöhnung wurde über Jahre hinweg untersucht. So sind 90 Prozent der behandelten Raucher nach einer Woche und 70 Prozent nach einem Jahr noch abstinent, mehr als die Hälfte der Teilnehmer raucht auch nach fünf Jahren noch nicht. Bei neun von zehn Behandelten verbessern sich sofort die rauchertypischen Beschwerden an Nasennebenhöhlen, Rachen und Bronchien. Zudem hatten weniger als zehn Prozent mit einer Gewichtszunahme oder einer Verschlechterung der vegetativen Dystonie zu kämpfen.2

Entscheidend ist der feste Wille

Trotz dieser guten Quoten kann auch die Mesotherapie natürlich keinen Erfolg beim Rauchstopp garantieren. Die Grundvoraussetzung für einen langfristigen Erfolg ist, dass der Raucher wirklich fest entschlossen ist und idealerweise auch von seinem Umfeld in seinem Willen bestärkt wird. Trifft dies zu, so kann die Mesotherapie effektiv und schonend dabei helfen, das Rauchen einzustellen und erleichtert etwa die bewährte Schlusspunkt-Methode, also das Aufhören ab einem bestimmten Tag.

Das therapeutische Konzept der Mesotherapie bietet gegenüber anderen, durchaus bewährten Hilfsmitteln eine Reihe erkennbarer Vorteile. So wird dem Körper kein weiteres Nikotin zugeführt wie dies bei der Nutzung von Nikotinpflastern oder -kaugummis der Fall ist. Zudem zeigen neuere Studien, dass der Einsatz von Nikotinersatzprodukten nur in Kombination mit einer Verhaltenstherapie bessere Ergebnisse erzielt als eine Entwöhnung ohne Hilfsmittel.

Auch ist bei der Mesotherapie nicht mit starken Nebenwirkungen zu rechnen wie sie etwa bei Gabe von Bupropion (Zyban) oder Vareniclin (Champix) regelmäßig auftreten: Patienten berichten regelmäßig von Kopfschmerzen, Schwindel oder Schlafstörungen. Vor allem für Vareniclin konnte darüber hinaus ein signifikant erhöhtes Risiko für Depressionen sowie suizidales und selbstverletzendes Verhalten festgestellt werden. Zwar ist die Wirksamkeit beider Medikamente gut belegt, andererseits ist ihr Einsatz angesichts dieser Resultate besonders sorgsam abzuwägen.

Die Mesotherapie kann in der Regel die Entzugserscheinungen lindern, ohne den Körper zusätzlich zu belasten. Zudem ist sie relativ kostengünstig und dabei unkompliziert: Normalerweise ist nur eine einzige mesotherapeutische Behandlung notwendig, die lediglich etwa drei Minuten dauert.

Auch hier ist es meist sinnvoll, zusätzlich ein verhaltenstherapeutisches Seminar oder eine Beratung in Anspruch zu nehmen, um den Umgang mit Alltagsituationen, Rauch-Ritualen und -Anlässen zu lernen. Denn alle Hilfsmittel können lediglich die körperlichen Entzugserscheinungen bekämpfen, die psychische Abhängigkeit lässt sich nur indirekt beeinflussen: Wenn man sich nach der letzten Zigarette schnell besser fühlt, Beschwerden am Atemapparat verschwinden und man keine gravierenden Entzugserscheinungen hat, kann dies dazu beitragen auch das psychische Verlangen nach einer Zigarette zu reduzieren.

Je nachdem, ob eine Einzel- oder Gruppenberatung oder weitere Leistungen in Anspruch genommen werden, können die Behandlungskosten variieren. Die mesotherapeutische Behandlung allein kostet in der Regel etwa 80 Euro. Falls es doch zu einem Rückfall oder Entzugserscheinungen kommt, kann die Behandlung jederzeit wiederholt werden. Bei korrekter Anwendung, die nur durch geschulte Ärzte oder Heilpraktiker stattfinden darf, zeigt die Behandlung nahezu keine Nebenwirkungen oder Komplikationen. In seltenen Fällen können wie nach jeder Injektion Rötungen, Schwellungen, Hämatome oder allergische Reaktionen der Haut entstehen.

 

Autorin:

Dr. med. Britta Knoll, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren
Vorsitzende der Deutsche Gesellschaft für Mesotherapie e.V. (DGM)
Pariser Platz 4, 81667 München
www.mesotherapie.org

 

Literatur

1          Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz Gemeinschaft: Tabakatlas
            Deutschland 2015: www.dkfz.de

2          Walter A: Mesotherapie Anti-Tabac. Revue de Mésothérapie, Nr. 113, Jan 2002,
            11 ff

 

Bonnet, Christian: Meso-Acupuncture dans le sevrage tabagique. Revue de Mésothérapie, Nr. 132, Sep 2008, 17-24

Kotz D, Brown J, West R: ‚Real-world‘ effectiveness of smoking cessation treatments: a population study. Addiction. 2014 Mar;109(3):491-9.

Moore TJ, Furberg CD, Glenmullen J, Maltsberger JT, Singh S (2011): Suicidal Behavior and Depression in Smoking Cessation Treatments. PLoS ONE 6(11): e27016.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Forum Medizin Verlagsgesellschaft mbH