Der kurative und ästhetische Einsatz der Mesotherapie im Bereich der Augen

Aus: Naturheilkunde Journal, Heft 10/19. Erschienen im Oktober 2019
von: Dr. med. Britta Knoll

Beschwerden und Erkrankungen der Augen und ihrer umgebenden Strukturen, wie Augenmuskeln, Augenlider und Tränenapparat, sind klassischer Weise Gegenstand der Augenheilkunde. Veränderungen wie Augenringe, Tränensäcke, Lidödeme, Augenfältchen oder Schlupflider gelten dagegen als kosmetisches Problem und werden der ästhetischen Medizin zugerechnet. Diese stellt bisher selbst keinen eigenen medizinischen Fachbereich oder eine medizinische Zusatzqualifikation dar, für eine korrekte und legale Ausübung der verschiedenen minimal invasiven Behandlungstechniken ist jedoch eine strukturierte Ausbildung unerlässlich. Im kurativen Bereich andererseits, ist eine enge Zusammenarbeit für die Diagnostik und Therapiekontrolle mit dem augenärztlichen Kollegen obligatorisch.

Unter ganzheitlichen Aspekten ist es speziell im Bereich der Augen vorteilhaft für die Patienten, wenn ein Verfahren wie die Mesotherapie allein oder ergänzend bei kurativen wie auch bei ästhetischen Indikationen gleichermaßen eingesetzt werden kann. So geht beispielsweise die Altersichtigkeit häufig mit Schlupflidern oder Augenfältchen einher.

Mesotherapie: Wirkung und Indikationen

Entwickelt wurde die Mesotherapie vom französischen Arzt Michel Pistor Ende der 1950er Jahre. Pistor hatte entdeckt, dass kleinste Mengen an Wirkstoffen, wenn sie nur in die Haut am Ort der Beschwerden injiziert werden, diese oft nachhaltig lindern oder ganz zum Abklingen bringen. Diese Entdeckung hat Pistor zu einem eigenständigen therapeutischen Verfahren entwickelt, die Mesotherapie. 

Heutzutage wird das topische Verfahren von Ärzten und Heilpraktikern bei einer Vielzahl von Indikationen mit Erfolg eingesetzt:

  • Präventiv u. a. zur Vorbeugung von Atemwegsinfekten, Heuschnupfen und Pollenallergie.
  • Kurativ u. a. zur Behandlung von Durchblutungs- und Wundheilungsproblemen, rheumatischen Erkrankungen und Arthrose, Stress, Erschöpfungszuständen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Migräne.
  • Im Bereich der ästhetischen Medizin u.a. zur Behandlung von Haarausfall, lokaler Fettdepots, Striae und Narben, sowie zur Hautregeneration allgemein.

Die in der Mesotherapie verwendeten Wirkstoffe sind vorwiegend natürlichen Ursprungs und in der Regel gut verträglich. Zu ihnen zählen Homöopathika, Phytopharmaka, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Allopathika kommen nur verdünnt zum Einsatz und werden meist im Off-Label-Use angewendet. Weil die Wirkstoffe nur in die Haut injiziert werden und nicht in den Blutkreislauf gelangen, ist die Mesotherapie in der Regel frei von Nebenwirkungen. Die Wirkung findet unmittelbar am Ort der Erkrankung oder der ästhetischen Beeinträchtigung statt. Durch eine naturheilkundliche Behandlung können unter Umständen häufig schlecht verträgliche Augentropfen oder gar intraokulare Injektionen eingespart werden.

Als minimal invasives Verfahren verursacht die Mesotherapie kaum Schmerzen. Zum einen, weil den Wirkstoffen oft ein Lokalanästhetikum beigefügt wird, zum anderen weil die verwendeten Kanülen extrem kurz und dünn sind und in diesem empfindlichen Bereich eine spezielle Injektionstechnik angewendet wird.

Akupunktur

Dass das Nadeln therapeutisch wirksam ist, wissen wir spätestens seit den 1950er Jahren und der Verbreitung und Erforschung der aus der traditionellen chinesischen Medizin stammenden Akupunktur. In Europa führte diese zu Weiterentwicklungen wie die Triggerpunkt-Akupunktur, die Ohrakupunktur, die Mundakupunktur oder die Augenakupunktur nach Boel.

Während bei der Ohr- und Mundakupunktur die Nadeln tatsächlich lokoregional gestochen werden, ist das bei der Augenakupunktur nach Boel nicht der Fall. Das Auge bleibt selbstverständlich verschont, die Nadeln werden an definierte Punkte an Stirn, Händen, Füßen sowie an den Knien gesetzt. Das Nadeln erfolgt hier allerdings sehr viel häufiger, zweimal täglich, mindestens zwei Wochen lang.

Der Nadelreiz bewirkt zweierlei: Das Eindringen in oder unter die Haut aktiviert das Immunsystem, moduliert die vor Ort befindlichen Immunzellen, steigert die Durchblutung und erhöht die Sauerstoffversorgung des Bindegewebes.

Werden dabei Triggerpunkte behandelt (Dry-Needling), kommt es außerdem zu einer intramuskulären Stimulation (IMS) und einer superfiziellen Afferenzstimulation (SAS), die entzündungsabbauend und schmerzlindernd wirken.Werden Akupunkturpunkte entlang der Meridiane der traditionellen chinesischen Medizin behandelt, soll damit der gestörte Energiefluss des Qi behoben werden.

Optimierung durch die Mesotherapie

Die Mesotherapie kennt sowohl die Behandlung von Triggerpunkten und Gelosen (z. B. gezielte Applikation von Muskelrelaxantien und Durchblutungsmitteln über der betroffenen Muskulatur), wie auch die Behandlung von Akupunkturpunkten (z. B. bei Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp, Raucherentwöhnung, Psychosomatik). Dabei rückt ein entscheidender Faktor in den Mittelpunkt: Die präventive, kurative oder revitalisierende Wirkung der je nach Indikation miteinander kombinierten Wirkstoffe, die im betroffenen Bereich auch i.S. einer Dauernadel lang anhaltend wirken können.

Zu diesen Wirkstoffen zählt neben den zuvor aufgezählten auch medizinisches Kohlendioxid, das über ein entsprechendes Gerät in einem geschlossenen Regelkreis steril bereitgestellt und mit Hilfe handelsüblicher 30 oder 32 G Kanülen als sog. Carboxytherapie verabreicht wird. Im Gewebe erhöht das CO2 die Mikrozirkulation, steigert die Gewebeperfusion und Lymphzirkulation und begünstigt den Zellmetabolismus. Die damit einhergehende kurzfristige Azidose führt zu einer unmittelbaren Gefäßdilatation, setzt Wachstumsfaktoren frei und fördert eine Neovaskularisation.

Medizinisches CO2 ist deshalb gesondert zu erwähnen, weil es für kurative wie auch ästhetische Einsätze im Bereich der Augen eine sehr gute Option darstellt, da mit nur ein bis zwei winzigen Einstichen pro Seite die gesamte Augenpartie abgedeckt werden kann. 

Der Bereich der Augen ist generell sehr empfindlich, weshalb in hohem Maße atraumatisch gearbeitet werden muss. Die Haut ist hier extrem dünn und die Lymph- und Blutgefäße zart und fragil. Eine unsachgemäße Vorgehensweise kann deshalb zu schweren Hämatomen, bzw. iatrogen bedingten Unterlid-Ödemen führen. Daher wird in der Mesotherapie – soweit kein CO2 zum Einsatz kommt – im Bereich der Augen ausschließlich mit der sog. epidermalen Ziehtechnik gearbeitet, die durch wenige gezielte Infiltrationen in tiefere Hautschichten außerhalb der Periorbitalregion ergänzt wird.

Bei der epidermalen Ziehtechnik wird bei konstantem Stempeldruck vorsichtig mit der Kanüle über die Haut gezogen und die Wirkstoffkombination Tröpfchen für Tröpfchen gleichmäßig aufgebracht, um so von der Haut resorbiert zu werden. Die Kunst dabei besteht darin, den Druck auf die Nadelspitze möglichst gering zu halten, um keine tieferen Hautverletzungen (Kratzeffekte) zu produzieren. Die Haut ist dabei möglichst unter Spannung zu halten. Die Technik ist unblutig und schmerzlos, der Erfolg zeigt sich an der Resorption der Flüssigkeit innerhalb weniger Minuten. Der Patient wird im Liegen bei geschlossenen Augen behandelt, damit keine unwillkürlichen Bewegungen auftreten können.

Kurative Anwendung: Beispiel Presbyopie

Eine klassische Indikation für die Mesotherapie stellt die Behandlung der Altersichtigkeit (Presbyopie) dar, also die mit zunehmendem Alter schwindende Fähigkeit zwischen Fern- und Nahsicht zu wechseln (Akkomodation) [1].

Normalerweise wölbt sich die Linse, wenn Gegenstände in der Nähe fixiert werden, indem sich der Ringmuskel am Ziliarkörper zusammenzieht und sich die Zonulafasern entspannen. Doch mit zunehmendem Alter nimmt die Elastizität der Linse durch Sklerosierung ab und der Ziliarmuskel wird schwächer. Der maximale Nahpunkt, an dem Dinge noch scharf erkannt werden können, entfernt sich so immer weiter.

Die Mesotherapie kann einer beginnenden Presbyopie entgegenwirken und die Notwendigkeit von Sehhilfen hinauszögern oder gar unnötig machen. Dazu wird eine Wirkstoffkombination aus Procain 2 % 0,2 ml + Calcitonin 100 0,1 ml, HA/NCPR (Hyaluron-Revitalizer) 0,2 ml + Pentoxiphyllin 0,2 ml + 1 Tropfen (!) Piroxicam intradermal in die Schläfen- und Carotisregion sowie periorbital mit epidermaler Ziehtechnik appliziert. Zum Abschluss der Behandlung wird ein Tropfen dieser Mischung aus der Spritze (ohne Nadel) in jedes Auge getropft.

Ziel der Behandlung ist es, die Versorgung der Augenregion zu fördern und der Sklerosierung entgegenzuwirken, indem die Elastizität der Augenlinse und die Funktion des Ziliarmuskels verbessert werden. Die Behandlung erfolgt dreimal in einem Abstand von einem Monat und dauert nur wenige Minuten. Eine Wiederholungssitzung ist dauerhaft einmal im Quartal erforderlich. Manchmal reicht bereits eine Behandlung aus, um die Sehleistung im Nahbereich zu verbessern, die Patienten bemerken den Effekt meist schon innerhalb weniger Minuten. Zwar lassen sich die besten Ergebnisse bei beginnenden Formen der Presbyopie erzielen, doch kann selbst bei fortgeschrittenen Fällen ein Versuch lohnenswert sein.

Eine weitere Indikation für den kurativen Einsatz der Mesotherapie ist die allergisch oder unspezifisch bedingte Konjunktivitis.

Bei Glaukom, Iritis, Retinitis und Keratitis kann die Mesotherapie sehr gut begleitend zur augenärztlichen Behandlung eingesetzt werden. Als naturheilkundliche Wirkstoffe haben sich für kurative Anwendungen im Bereich der Augen bewährt: Rutinel (Steinklee-Extrakt), Asiacen (u.a. Tigergras), Euphrasia e planta tota D6 Ampullen von Wala bzw. Euphrasia-Injeel® Ampullen von Heel.

Ästhetische Anwendung: Beispiele Augenringe, Tränensäcke, Augenfältchen

Augenringe und Tränensäcke können auf einen ungesunden Lebensstil hinweisen, entstehen aber meist konstitutions- oder altersbedingt. Augenringe können verursacht sein durch Pigmentstörungen, durchscheinende Gefäß- oder Muskelstrukturen bei extrem dünner Haut, bzw. durch einen infraorbitalen Volumenmangel.

Tränensäcke entstehen, wenn sich Fett oder Wasser unter dem Auge ansammeln und die dünne Haut des Unterlids mangels festen Bindegewebes nachgibt. Anders die strahlenförmigen Hautfältchen an den äußeren Augenrändern (Krähenfüße), die durch die (Hyper-)Aktivität des M. orbicularis oculi entstehen, wenn die Haut mit den Jahren ihre Feuchtigkeit und Elastizität verliert.

Zur Basis-Behandlung dieser ästhetischen Indikationen wird eine fertige Wirkstoffkombination (ECPR = Eye Cocktail Poly Revitalizer) mit Silicea, Artischocke, Steinklee, Ginkgo, Glycerin, Chrysin, Hyaluronsäure und drei bioidentischen Wachstumsfaktoren (Peptide: Palmitoyl-Tripeptid-1, Palmitoyl-Tetrapeptid-7, Acetyl-Tetrapeptid-5) mittels epidermaler Ziehtechnik verabreicht. Bei mimischen Fältchen kann eine winzige Menge Botox oder ein Botox-Ersatzmittel zur dauerhaften Muskelentspannung hinzugefügt werden. Bei Volumenmangel steht ein spezielles Hyaluron-Präparat (Redensity II for eyes) zur Verfügung, das nach korrekter Applikation eine sofortige und anhaltende Korrektur ermöglicht. Allerdings ist auch hierbei, wie bei der Mesotherapie-Technik, eine vorherige Schulung unerlässlich [2].

Die bioidentischen Polypeptide des ECPR steigern den Zellstoffwechsel und fördern die Hautverjüngung, -reparatur und -aufhellung. Der Wirkstoffmix erfrischt die gesamte Augenpartie, strafft, hydriert und glättet die Haut, mildert Ödeme, Schwellungen und Fettprolaps, dient präventiv der Erhaltung der Sehkraft und mindert degenerative Prozesse. Deshalb kann die Wirkstoffkombination auch zur Behandlung von beginnenden Schlupflidern, bei Augenringen, Augenödemen und allgemein müdem Blick eingesetzt werden.

Die Behandlung erfolgt mindestens dreimal in einem Abstand von zwei Wochen, dauert nur wenige Minuten. Die Patienten können, wie auch bei der kurativen Anwendung, unmittelbar nach der Sitzung wieder ihren Alltagsaktivitäten nachgehen.

Eine zusätzliche Anwendung von CO2-Gas in derselben Sitzung ist möglich und bei ausgeprägterer Symptomatik unbedingt zu empfehlen: Es macht eine Kollageninduktion in der Haut (Straffungseffekt) und einen milden Fettabbau unter der Haut (bei Fettprolaps), d. h. die Gas-Applikation muss genau gesteuert werden durch die Art und Weise der Injektion! Das entstehende Gasödem ist nach wenigen Minuten wieder komplett verschwunden.

Zusätzliche naturheilkundliche Optionen

Für die Behandlung des Blepharospasmus (unkontrollierbares Augenzwinkern, -zucken) oder der lateralen mimisch bedingten Augenfältchen empfiehlt sich die mesotherapeutische Anwendung von Botox (Meso-Botox). Im Gegensatz zur klassischen Botoxbehandlung werden hier nur kleinste Mengen an Botulinumtoxin mit einem pH-neutralen Biorevitalizer gemischt und nicht in einen Zielmuskel, sondern intradermal injiziert. Als Botox-Ersatzmittel steht Argireline (Myotec) zur Verfügung, welches zwar denselben pharmakologischen Wirkmechanismus hat, aber eben nur ein Fünftel der Wirkstärke. Anders als bei klassischem Botox steigert sich hier die Wirkung durch die Anzahl der Wiederholungen (additiver Effekt).

Fazit

Bei Indikationen im Bereich der Augen, ob kurativ oder ästhetisch, kann die Mesotherapie eine effektive und gegenüber operativen Eingriffen vor allem kostengünstige Behandlungsoption darstellen.

Ihr Vorteil gegenüber anderen Formen des Nadelsetzens ist der gezielte Einsatz von pharmakologisch aktiven Wirkstoffen. Da der Aufwand der Behandlung gering ist und Nebenwirkungen nur äußerst selten zu beobachten sind, erscheint ein individueller Heilversuch daher immer lohnenswert.

 

Quellen:

1] Joyeux, PA: Traitement médical de la presbytie: résultats après un an à propos de 60 cas. Bulletin SFM, 76; 1990. Zitiert nach: Le Coz, Jaques: Mesotherapy & Lipolysis. A comprehensive clinical approach; Esthetic Medic: 2008.

2] Knoll B., Sattler G (Hrsg.): Bildatlas der ästhetischen Mesotherapie. 2. Aufl., KVM, Berlin, 2017.