Männer... Mesotherapie zur Behandlung von Hauterkrankungen und Haarausfall

Aus: AKOM, Heft 10/2019, Erschienen im Oktober 2019
von: Dr. med. Britta Knoll

Die in den 1950er-Jahren in Frankreich entwickelte Mesotherapie stellt ein minimalinvasives Verfahren zur Verabreichung geringster Mengen individuell ausgewählter und kombinierter Wirkstoffe über die Haut dar.

Das Konzept der Mesotherapie lässt sich mit drei Begriffen zusammenfassen: wenig, selten und am richtigen Ort.

Gemeint ist damit, dass für eine wirksame Behandlung meist wenige Sitzungen für lang anhaltende Effekte genügen und üblicherweise nur der erkrankte Bereich gezielt behandelt wird. Das macht die Mesotherapie zu einem sehr schonenden Heilverfahren, das systemische Nebenwirkungen weitgehend ausschließt und selbst bei Kindern (etwa bei Neurodermitis) problemlos angewandt werden kann.

Die Verabreichung erfolgt ausschließlich in Form von Mikroinjektionen in die Haut und ggf. ins subkutane Fett-Bindegewebe. Zum Einsatz kommen dabei sehr kurze und feine Kanülen, deren besonderer Schliff die Behandlung nahezu schmerzfrei macht.

Die Auswahl und Zusammenstellung allopathischer, homöopathischer, pflanzlicher und orthomolekularer Bausteine ermöglicht eine maßgeschneiderte Behandlung, die Unverträglichkeiten berücksichtigt und Nebenwirkungen herkömmlicher Medikationen meidet. Anwendung findet die Mesotherapie im kurativen und präventiven Bereich ebenso wie in der ästhetischen Medizin und im Anti-Aging. Als heilkundliches, minimal-invasives Verfahren darf sie nur von Ärzten und Heilpraktikern angewandt werden.

Atopische Dermatitis (Neurodermitis)

Die atopische Dermatitis gilt als die häufigste chronische Hauterkrankung. Sie tritt in Schüben auf und führt zu stark juckenden Ekzemen und trockener, rissiger oder schuppiger Haut. Sie kann zu einer massiven Beeinträchtigung der Lebensqualität bis hin zur Berufsunfähigkeit führen, z.B. beim Handekzem. Die klassische Behandlung hängt von der Schwere der Symptome ab und erfolgt in Stufen.

Stufe 1 (trockene Haut ohne Ekzeme): Topische Basistherapie mit Glycerin- oder harnstoffhaltigen Cremes, die die Haut fett und feucht halten.
Stufe 2 (leichte Ekzembildung): Topische Wirkstoffe, die den Juckreiz lindern und die Entzündung hemmen, wie topische Glukokortikoide der Klassen 1 und 2 und/oder topische Calcineurinhemmer (Pimecrolimus und Tacrolimus; erst ab dem 3. Lebensjahr).
Stufe 3 (ausgeprägte Ekzembildung): topische Glukokortikoide der Klassen 2 und 3 und/oder die zuvor genannten topischen Calcineurinhemmer.
Stufe 4 (andauernde und stark ausgeprägte Ekzeme): möglicher Einsatz von systemisch wirkenden immunsuppressiven Medikamenten (z.B. Ciclosporin), die allerdings schwerwiegende Nebenwirkungen an Nieren, Leber und Verdauungstrakt zeigen können. Neu zugelassen wurde kürzlich Dupilumab, ein injizierbarer rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper zur Blockade von IL-4 und -13 Rezeptoren.

In der Mesotherapie werden zur Behandlung der atopischen Dermatitis kein Cortison oder systemisch wirkende Medikamente eingesetzt. Stattdessen kommen vorwiegend naturheilkundliche bzw. homöopathische und wundheilungsfördernde biologische Substanzen zur Anwendung. Diese werden im Bereich der Läsionen von der Haut bereits aktiv resorbiert, wenn der Behandler mit der Kanüle nur vorsichtig über die Haut zieht und die Lösung dabei tröpfchenweise austreten lässt (epidermale Ziehtechnik).

Verabreicht wird ein Cocktail, der u.a. organisches Silizium, Centella asiatica, Elastin, Dexpanthenol, Kollagen, Mimosa, Hedera helix, Fucus vesiculosus, unvernetzte Hyaluronsäure, Aminosäuren, Coenzyme, Nukleinsäuren und Antioxidantien enthält. Zusätzliches Procain dient als Trägerlösung und Lokalanästhetikum.

Die Behandlung erfolgt alle 2 Wochen, eine Besserung sollte nach 2-3 Sitzungen sichtbar sein. Wiederholungen erfolgen nach Bedarf. Bei schweren Formen der Neurodermitis kann zusätzlich eine Serie intramuskulärer Injektionen mit Horvitrigon forte (1-mal/Woche, insgesamt 6-10 Behandlungen) oder eine Thymuskur (bei Kindern auch oral) empfehlenswert sein.

Eine naturheilkundliche Therapie kann die mesotherapeutische Behandlung unterstützend begleiten:
Basisbehandlung: proaktive antientzündliche Externa, wie Tacrolimus, z.B. 2x/Woche + spezifische Hautpflege zur Verbesserung der Barrierefunktion und der Hydratation, täglich z.B. mit Mixa Atopiance Körperbalsam. Zusätzlich kann die Mesotherapie-Behandlung in allen Stadien bei erhöhtem Leidensdruck angeboten werden.
Stufe 1: intensivierte Hautpflege z.B. mit Eucerin Aquaporin Lotion oder la Roche POSAY Lipikar Baume AP und Nahrungsergänzungsmittel, z.B. Glandol Atop Weichkapseln.
Stufe 2: Behandlung von Stufe 1 wird um eine leichte Hydrocortison-Creme und homöopathische Staphylokokken-Sanierung (Staphylococcus aureus Nosode Globuli C 30, 1x tgl. 1 Glob.) ergänzt.
Stufe 3: Behandlung von Stufe 2 wird um eine Kur mit Horvi Enzymen intramuskulär, alternativ Thymus Extrakt (1-2mal jährlich) ergänzt, ggf. auch durch eine langfristig durchgeführte Darmsanierung, z.B. Dr. Wolz Darmflora plus selekt (1 mal tgl. 1 Kapsel).
Stufe 4: Kurzfristig Ekzem-Spezialcreme nach Frau Dr. Hundgeburth (Gentamycinsulfat 0,1, Triamcinolonacetat 0,1, Aqua dest. 20,0, Basiscreme DAC ad. 100,0 g), danach s. oben. Bei schweren Fällen mit Superinfektion empfiehlt sich Doxyderma oral 100 als Breitbandantibiotikum (1mal tgl. 1 Tbl.).

Psoriasis

Typisch sind stark juckende, silbrig glänzende Plaques auf roten, oft umsäumten Flecken. Die Psoriasis kann topisch wie auch systemisch behandelt werden: Bei der topischen Behandlung wird auf die übermäßige Zellvermehrung und die sie auslösenden Entzündungsfaktoren eingewirkt, z.B. mit
► Dithranol, das die Zellvermehrung verringert, aber zu Hautreizungen und vorübergehenden oxidationsbedingten Braunfärbungen führen kann.
► entzündungshemmenden Glukokortikoiden, die aufgrund ihrer Nebenwirkungen nur vorübergehend angewandt werden dürfen.
► Vitamin-D3-Derivaten, die entzündungshemmend wirken und die Keratinozyten-Proliferation inhibieren.
► Eine naturheilkundliche Alternative wäre z.B. remiPsor Creme mit Schöllkraut (Chelidonium)-Extrakt.

Bleibt eine topische Therapie erfolglos, kann systemisch u.a. mit Ciclosporin, Fumarsäureester oder Biologika gegen die Psoriasis vorgegangen werden.

Bei der mesotherapeutischen Behandlung der Psoriasis wird ein Wirkstoffmix vorwiegend pflanzlicher und orthomolekularer Wirkstoffe verabreicht. Dieser enthält u.a. Vitamin A (Retinol), Centella asiatica, Hedera helix, Fucus vesiculosus, Rutin und Melilotus, unvernetzte Hyaluronsäure, Aminosäuren, Coenzyme, Nukleinsäuren und Antioxidantien. Ein Zusatz von Salicylsäure kann das Abschuppen unterstützen. Procain dient als Trägerlösung und Lokalanästhetikum. Verabreicht werden die Wirkstoffe, wie bei der atopischen Dermatitis, über die epidermale Ziehtechnik, um die Hautbarriere zu überwinden.

Die Behandlung erfolgt alle 14 Tage, eine Besserung sollte sich nach 2-3 Sitzungen zeigen. Bei Bedarf werden die Behandlungen wiederholt.

Akne

Eine Akne kann in 40 Prozent der Fälle als klinisch schwergradig gelten und eine ärztliche Behandlung erfordern. Sie wird üblicherweise topisch behandelt, für schwere Formen kommen auch systemisch wirkende Medikamente in Frage.

Für die topische Behandlung können
► Retinoide (Tretinoin, Isotretinoin, Adapalene) verabreicht werden, die die Zellentwicklung regulieren und die Verhornung reduzieren, wodurch der Talg besser abfließen kann. Vorsicht ist geboten, denn Retinoide können teratogen wirken und weitere schwere Nebenwirkungen auslösen.
► Alternativ kann Di-Carbonsäure Azelainsäure (Skinoren Creme) die Bildung aknefördernder Fettsäuren hemmen und damit das Bakterienwachstum und die Bildung von Komedonen reduzieren.
► Auch Benzoylperoxid kann angezeigt sein, das den reaktiven Sauerstoff in der Haut freisetzt, dadurch antimikrobiell und entzündungshemmend wirkt und Verhornungen und Komedone auflöst.

Für eine systemische Behandlung werden
► Doxyzyklin oder Minozyklin verabreicht, die entzündungshemmend und paraantibiotisch wirken oder
► (nur bei Männern) Cyproteronacetat und Chlormadinonacetat, die antiandrogen wirken.

Wirksame Ergänzungen zur medikamentösen Behandlung stellen die kosmetische Ausreinigung, Lasertherapie, photodynamische Therapie und Blau- bzw. Blau-Rot-Licht-Bestrahlung dar.

In der Mesotherapie wird die Akne ebenfalls mit einem Wirkstoffmix vorwiegend pflanzlicher und orthomolekularer Wirkstoffe behandelt. Dieser enthält u.a. Retinol, Arctium lappa, Salvia officinalis, Lamium alba, Dexpanthenol, Glykosaminoglykane, Methionin und Kamille sowie unvernetzte Hyaluronsäure und Mikronährstoffe. Hyaluron ist auch bei dieser Indikation wichtig, da auch die Aknehaut häufig an Trockenheit leidet.

Die Wirkstoffkombination wird über einen Injektor flächendeckend in die Haut (Nappage-Technik) eingebracht. Eitrige Pickel werden ausgespart, um eine Keimverschleppung zu verhindern. Die Behandlung erfolgt in einem Abstand von 2 Wochen und sollte nach 2-3 Behandlungen eine Besserung zeigen.

Störende Akne-Narben können mit Injektion eines leicht vernetzten Hyaluron intraläsionär behandelt werden. Nach der Behandlung kann eine Feuchtigkeits-Tuchmaske zur Hautregeneration und -beruhigung beitragen.

Atrophe und hypertrophe Narben
Gestörte Narbenbildung kann je nach Ursache zu atrophen (eingesunkenen) oder hypertrophen (erhabenen) Narben führen.

Atrophe Narben werden üblicherweise mit einem ablativ fraktionierten Laser (CO2, Er:YAG) behandelt oder operativ durch Stanzexzision, Subzision oder Dermabrasion.

Hypertrophe Narben lassen sich über Laser, Bestrahlung, Vereisung, Kompressionen oder dünn aufgetragenem Silikongel oder -platten behandeln oder in schlimmsten Fällen operativ durch Ausschneidung mit einer Z- oder W-Plastik oder mit Hauttransplantaten korrigieren.

Ganz ohne Operation oder Laser kommt die Mesotherapie bei der Behandlung von Narben aus.
Für atrophe Narben wird eine Wirkstoffmischung aus unvernetztem Hyaluron und Mikronährstoffen, Retinol, Silicea, Dexpanthenol, Centella asiatica, Elastin, Collagen, Mimosa tenuiflora, sowie einem Komplexhomöopathikum (z.B. Wiedemann Homöokomplex BH) intra- bzw. periläsionär verabreicht.

Zur Behandlung hypertropher Narben kommt eine Mischung aus Procain, Pentoxyphillin und Asiacen zum Einsatz. Dabei gilt: je früher die Behandlung erfolgt, desto größer sind die Erfolgsaussichten.

Die Anwendungen erfolgen in einem Abstand von 2 bis 3 Wochen, 5-6 mal, abhängig von der Größe der Narbe. Zur Ergänzung kann die Carboxytherapie mit intraläsionärer Insufflation von CO2-Gas durchgeführt werden.

Haarausfall

Haarausfall kann sehr unterschiedliche Ursachen haben, wie erbliche Belastung, Hormonstörungen, Stress, Nährstoffmangel, Noxen, Krankheiten oder Nebenwirkung von Medikamenten. In 95% der Fälle ist Haarausfall allerdings androgenetisch bedingt.

Eine solche androgenetische Alopezie (AGA) wird üblicherweise topisch mit Minoxidil behandelt, welches aber z.T. erhebliche Nebenwirkungen aufweist. Bei Männern können orale, daher auch systemisch wirksame Antiandrogene (Propezia) verordnet werden. Ein Sonderfall ist die autoimmun bedingte Alopezia areata, die schwieriger und aufwendiger zu behandeln ist als die erblich bedingte Form.

Operativ kann Haarausfall u.U. durch eine Haartransplantation behandelt werden.

In der Mesotherapie wird zur Behandlung der AGA eine Wirkstoffkombination verabreicht, die aus diversen Vitaminen (A, B-Vitamine, C, E, H), Aminosäuren, Nukleinsäuren, pflanzlichen Antiandrogenen oder bioidentischen Wachstumsfaktoren (Peptide) besteht. Wiederholte Behandlungen mit diesen essenziellen Haarbaustoffen führen zu einer Verbesserung des Zellstoffwechsels, fördern die Regeneration der Haarwurzel und somit auch das Haarwachstum. Nach ca. 6 Wochen verbessern sich Haarstärke, -dichte, -vitalität und -volumen. Nachgewiesen wurde auch eine Verlängerung der Anagenphase und Senkung des telogenen Effluviums.

Die Wirkstoffmischung wird über die lineare Ziehtechnik (epidermale Einschleusung mit Langzeitwirkung) oder die Salventechnik epidermal sowie punktuell intradermal über Bolusinjektionen zwei bis vier Millimeter tief eingebracht. Die Behandlung erfolgt klassischerweise in drei Phasen:
► eine Aufsättigungsphase mit sechs Sitzungen im wöchentlichen Abstand,
► eine Übergangsphase mit drei Sitzungen alle zwei Wochen
► und eine abschließende Erhaltungsphase mit Sitzungen je nach Bedarf, z.B. im monatlichen Abstand.

Grundsätzlich gilt: je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Sind keine Haarfollikel mehr vorhanden, lässt sich der Haarwuchs nicht mehr regenerieren.

Eine eineinhalbjährige Beobachtungsstudie konnte jüngst die hohe Wirksamkeit der mesotherapeutischen Behandlung im Vergleich zu einer konventionellen Behandlung mit Minoxidil belegen. (1)

Fazit

Die aufgeführten Beispiele zeigen, wie die Mesotherapie bei diversen Hauterkrankungen und bei Haarausfall angewandt wird. Die eingesetzten Wirkstoffe sind vorwiegend natürlichen Ursprungs und werden in geringen Mengen topisch verabreicht. Systemische oder lokale Nebenwirkungen sind äußerst selten. Das alles macht die Mesotherapie zu einem sehr schonenden und gleichzeitig wirksamen Verfahren, das für Betroffene eine interessante Alternative zu herkömmlichen Behandlungen darstellt.
Der geringe Wirkstoff-Verbrauch und die ausschließliche Verwendung von Spritzen, speziellen Kanülen und Injektionsgeräten gewährleisten dabei sehr übersichtliche Behandlungskosten.

Mehr zum Thema
1 Hundgeburth A., Knoll B.: Prospektive observative HCPR-Studie. Köln, München, Deutsche Gesellschaft für Mesotherapie, 2018

Dr. med. Britta Knoll
ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren mit eigener Praxis in München und 1. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Mesotherapie e.V., DGM. Sie ist Autorin u.a. des Bildatlas der ästhetischen Mesotherapie, KVM Medizinverlag, 2. Aufl. 2017.