Aus: PSO Magazin (Zeitschrift des Deutschen Psoriasis Bundes e.V), Heft 2-2011, vom 30. April 2011
Die Mesotherapie ist eine Methode, die vor gut 50 Jahren vom französischen Arzt Michel Pistor entwickelt wurde. Sie steht an der Schnittstelle von klassischer Schul- und alternativer Medizin.
Die Methode arbeitet zwar mit Mitteln und Methoden der Schulmedizin, das Verfahren ist jedoch nach den Regeln der evidenzbasierten Medizin nicht ausreichend untersucht. Es fehlen auch wissenschaftliche Nachweise über den Nutzen und Schaden der Therapie. Wie oft bei alternativen Heilverfahren liegen kaum wissenschaftliche, aber über Jahrzehnte zahlreiche positive Berichte von Ärzten und Patienten vor.
Arzneimixtur direkt einspritzen
Die Mesotherapie verbindet Methoden der Akupunktur, der Neuraltherapie und der Arzneimitteltherapie. Es werden Mischungen von Medikamenten in äußerst geringer Dosierung möglichst nahe am Ort der Erkrankung eingebracht. Dabei werden mehrere Mikroinjektionen direkt in die mittlere Hautschicht (abgeleitet vom Mesoderm) gespritzt. Neben üblichen Spritztechniken von Hand können die Therapeuten inzwischen auf eine Vielzahl von speziell entwickelten Mesotherapiepistolen
zurückgreifen. Die Pistolen machen das Injizieren einfacher und schmerzfreier. Verwendet wird eine Mixtur an Medikament, die je nach Patient verschieden zusammengesetzt sein kann. Der Mix kann aus Vitaminen, Mineralstoffen, homöophatischen und niedrig dosierten klassischen Arzneimitteln bestehen. Ärzte können dabei auch verschreibungspflichtige Medikamente verwenden, die in ihrer Verdünnung anders als bei der herkömmlichen Verabreichung jedoch keine Nebenwirkungen haben sollen.
Mikrozirkulierende Wirkverstärkung
Die Wirksamkeit beruht auf einer Verstärkung der Mikrozirkulation, der Regulierung des neurovegetativen Systems und lokaler Immunmodulation. Hauptziel ist, die körpereigenen Regenerations- und Reparationsprozesse zu steigern. Die Wirkstoffe gelangen lokal gezielt in den Organismus, ohne den Stoffwechsel besonders zu belasten. Weil die Stoffe immer in die Nähe des Herdes, des Problems der Krankheit gespritzt werden, kann die verwendete Menge an Arzneien sehr gering bleiben. Deshalb sei die Mesotherapie so verträglich. Es würden nur selten Nebenwirkungen beobachtet.
Gut für Vieles
Die Behandlungsfelder sind zahlreich. Sie erstrecken sich auf fast allen Gebieten der Medizin: Durchblutungs- und Wundheilungsprobleme, rheumatische Erkrankungen, Arthrosen, Sportverletzungen und Überlastungsschäden, Abwehrschwäche und wiederholte Infektionen, Stress, Erschöpfungszustände, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Migräne, Zigarettenentwöhnung, Altersweitsichtigkeit und Altersschwerhörigkeit, ästhetische Medizin, Gynäkologie, Zahnmedizin. Die meisten Ärzte und Heilpraktiker behandeln nicht das gesamte Spektrum. Der Patient sollte im Vorfeld abklären, ob eine Behandlung seiner Beschwerden bei dem Arzt seiner Wahl möglich ist. Auch die Frage nach dem potentiellen Nutzen und den möglichen Schäden sollte vor der Behandlung besprochen und in die Entscheidung mit einbezogen werden.
Eine Therapeutenliste befindet sich im Internet unter www.mesotherapie.org. Ausschließlich Ärzte und Heilpraktiker dürfen diese Methode anwenden.
Mesotherapie und Psoriasis
Ein Interview mit Dr. Britta Knoll
Die Mesotherapie erfährt in Deutschland eine immer größere Verbreitung. Starken Zulauf habe sie in der ästhetischen Medizin. Straffungen, Verjüngungen und Regeneration der Haut scheinen recht einfach und effektiv durch diese Form der Behandlung möglich. Aber auch bei der Behandlung von Krankheiten berichten Ärzte und Patienten von vielfältigen Erfolgen. PSO Magazin sprach mit Dr. Britta Knoll, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Mesotherapie, München, über den Einsatz der Mesotherapie bei Psoriasis.
PSO Magazin: Lässt sich eine Psoriasis mit der Mesotherapie nutzbringend behandeln?
Dr. Knoll: Diese Frage ist so pauschal nicht zu beantworten. Die Haut lässt sich durch diese Methode im Prinzip gut behandeln, gerade weil die Substanzen sehr nahe an den Krankheitsherd herangebracht werden können. In eine hochaktiv erkrankte Haut kann man aber nicht injizieren, weil in diesen Fällen eine rein lokale Behandlung meist nicht ausreicht und die Wirkstoffe eine dicke Schicht von Hautschuppen oder Krusten nicht durchdringen können.
PSO Magazin: Eine Behandlung einer akuten Psoriasis ist demnach nicht möglich?
Dr. Knoll: Es lassen sich lediglich leichte Verläufe behandeln oder bereits weit abgeklungene schwere Schübe. Auch eignet sich die Mesotherapie nur für kleinere Flächen. Weil jede Läsion einzeln behandelt werden muss, geht das nicht großflächig oder an zu vielen Stellen am Körper.
PSO Magazin: Wenn eine Psoriasis leicht verläuft oder ein Schub schon wieder stark abgeklungen ist, was können Sie dann noch behandeln?
Dr. Knoll: Wir verabreichen Präparate, die die Haut beruhigen, regenerieren und revitalisieren. Ziel ist eine langfristige Symptomfreiheit.
PSO Magazin: Welche Mixtur verwenden Sie dafür?
Dr. Knoll: Da könnte beispielsweise Centella asiatica, Silicea- oder Efeuextrakt enthalten sein. Das ist Durchblutung fördernd, entspannend und Entzündung hemmend. Auch Vitamine, Mikromineralien und Aminosäuren sind wichtig.
Bewährt hat sich als Grundlage ein französischer Cocktail mit mehr als 50 natürlichen Bestandteilen. Hyaluronsäure ist ein stark Wasser speicherndes Gel, welches die Feuchtigkeit in der Haut bindet. Wie Dexpanthenol hat diese Säure eine regenerierende und Wunden heilende Wirkung. So wird die Haut stabilisiert, das Feuchthaltevermögen erhöht und die pfl egenden Eigenschaften verbessern Aussehen, Funktion und Elastizität dieses Organs. Dazu unterstützt die Mesotherapie die Regeneration der Hautzellen und trägt so dazu bei, Juckreiz zu lindern, Entzündungen zu hemmen und Wunden zur Abheilung zu bringen.
In ausgeprägten Fällen kombiniere ich die Mesotherapie mit einer zusätzlichen systemischen Therapie. Dann bekommen die Patienten noch Präparate wie Fumarsäure, Q10, Omega 3 oder Weihrauch. Gerade der medizinische Weihrauch ist in der Naturheilkunde ein bewährtes Mittel zur Hemmung der Entzündung bei Autoimmun-Erkrankungen, der oft bei Psoriasis oder Neurodermitis das Kortison einsparen lässt.
PSO Magazin: Was kann Mesotherpie bei einer Psoriasis-Arthritis leisten?
Dr. Knoll: Die Schmerzen lassen sich ganz gut behandeln. Dafür verwende ich Mischungen, die auch einige Tropfen Antirheumatika enthalten wie beispielsweise Piroxicam oder Calcitonin, unser wichtigstes Arthrose-Mittel. Das Gute bei der Mesotherapie ist ja, dass diese Mittel in sehr geringen Dosen im Schmerzbereich gegeben werden, so dass Magen, Darm, Herz und Kreislauf davor verschont bleiben.
PSO Magazin: Besteht die Gefahr, dass es durch die Behandlung zu einem Köbner-Phänomen kommt? Damit bezeichnet man das Entstehen neuer Krankheitsherde an Stellen, die vorher mechanisch, chemisch oder thermisch gereizt wurden. Zumindest ein Fall aus Italien ist in der Fachliteratur beschrieben.
Dr. Knoll: Nebenwirkungen kommen äußerst selten vor. Am häufigsten sind noch kleine Hämatome, Kratzer und Pigmentstörungen. Das Risiko eines Köbner-Phänomens ist meines Erachtens sehr gering. Dadurch, dass wir in Deutschland sehr viel Präparate aus der Naturheilkunde verwenden, können wir viel sanfter arbeiten, als es Ärzte in anderen Ländern tun. Die Franzosen beispielsweise nutzen die Mesotherapie fast ausschließlich in der Schmerz- und Sportmedizin und verwenden nur schulmedizinische Wirkstoffe. Da wäre dann das Auftreten eines Köbner-Phänomens leichter möglich.
PSO Magazin: Es wird berichtet, dass die Mesotherapie gut bei psychosomatischen Beschwerden wie Stress, Nervosität, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen eingesetzt werden kann. Stress kann auch eine Psoriasis verschlimmern. Könnte an dieser Stelle die Mesotherapie eine ergänzende Hilfe sein?
Dr. Knoll: Als Begleitbehandlung mit beruhigenden Substanzen kann es äußerst sinnvoll sein. Wir behandeln dabei am Rücken und an bestimmten Akupunkturpunkten. Auch die mechanische Stimulation trägt dazu bei, das psycho-vegetative System wieder ins Lot zu bringen.
PSO Magazin: Wie viele Behandlungen braucht ein Patient, bis eine Verbesserung seiner Beschwerden eintritt?
Dr. Knoll: Das kommt auf die Beschwerden an. Die Behandlung von Stress bedarf ein bis zwei Sitzungen. Bei der Haut dauert es immer etwas länger. Da würde ich fünf bis sechs Sitzungen ansetzen. Und je nachdem, wie ausgeprägt die Psoriasis ist, würde ich immer systemische Therapien und die Mesotherapie kombinieren.
PSO Magazin: Die Kosten für eine Behandlung mit der Mesotherapie wird von den Krankenkassen nicht übernommen. Wie teuer ist eine Sitzung?
Dr. Knoll: Das macht jeder Kollege unterschiedlich. Bei mir kostet eine Sitzung zur Krankenbehandlung bei Kassenpatienten ca. 20 Euro. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich Stress, Gelenke oder die Haut behandle. Ästhetische Behandlungen wie Mesolift zur Gesichtsverjüngung oder Mesotherapie gegen Haarausfall oder Cellulite sind jedoch um einiges teurer.
Dr. Britta Knoll
ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilkunde und Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Mesotherapie. Sie lebt und praktiziert in München. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.mesotherapie.org.