Wirksamkeit der Mesotherapie bei Kniegelenksarthrose

Aus: AKOM, Heft 12/2018, Dezember 2018
von: Dr. med. Britta Knoll

Chronische Erkrankungen

Mit einem Wirkstoffmix, der mit kleinen, intradermalen Injektionen rund um das Knie verabreicht wird, kann eine Gonarthrose effektiv, nebenwirkungsfrei und dauerhaft behandelt werden. Nun hat eine Studie aus China diese Therapieform mit der klassischen NSAR-Behandlung verglichen und die positiven Erfahrungswerte aus der Praxis bestätigt.

In 2016 befanden sich laut Statistischem Bundesamt 186.494 Patienten aufgrund einer Kniegelenksarthose vollstationär in einem Krankenhaus.[1] Die arthrotische Erkrankung des Kniegelenks war im gleichen Jahr mit 116.012 Fällen die häufigste Hauptdiagnose in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen. [2]

Betroffene sind in der Regel mindestens 60 Jahre alt. Unter ihnen ist die Anzahl der Frauen etwa doppelt so hoch wie die der Männer. Laut der Deutschen Arthrose-Hilfe zeigt sich die Verschleißerkrankung oft an mehreren Gelenken gleichzeitig und betrifft dann beispielsweise nicht nur das Knie.

Bei der Gonarthrose wird unterschieden zwischen einer idiopathischen, primären Form, deren Ursachen unbekannt sind, und einer sekundären Form, die auf Fehlstellungen, Überlastungen, Verletzungen und Unfälle, Übergewicht oder andere entzündliche Erkrankungen zurückzuführen ist. Das Tückische an der Gonarthrose ist, dass sie anfangs, im sogenannten Frühstadium, kaum wahrgenommen wird. Dabei ist sie genau in dieser Phase am effektivsten zu behandeln, indem das Kniegelenk geschützt, geschont und mindestens um ein Drittel weniger belastet wird. Und da Heilungsprozesse in Gelenken besonders langsam ablaufen, sollten diese Maßnahmen mindestens drei Monate lang angewandt werden.

Bleiben geeignete Maßnahmen im Frühstadium aber aus, kann sich der anfängliche, kleine Knorpelschaden ausweiten. Dadurch steigt der Druck auf den darunterliegenden Knochen, der Osteophyten als An- und Auflagerungen bildet, die ihrerseits die Beweglichkeit des Gelenks massiv einschränken. Im Spätstadium ist dann die Knorpelschicht weitestgehend abgebaut, der Knochen verhärtet (subchondrale Sklerosierung) und der Gelenkspalt nahezu verschwunden – das Knie versteift.

Typisch für die Gonarthrose sind unter anderem Anlaufschmerzen bei Bewegungsbeginn sowie Belastungsschmerzen, wenn eine Belastung andauert.

Die Krankheit selbst ist nicht heilbar, daher zielen konservative wie operative Behandlungen darauf ab, ein Fortschreiten der Erkrankung möglichst zu stoppen, Schmerzen zu minimieren und die abhanden gekommene Beweglichkeit wieder herzustellen.

Klassische Therapieformen
Die Kniegelenksarthose wird üblicherweise medikamentös mit Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) behandelt, die schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken. Oral eingenommen können diese zu Schleimhautreizungen und Schäden des Magen-Darm-Traktes führen, die Nierenfunktion ebenso wie das Herz-Kreislaufsystem beeinträchtigen sowie Asthmaanfälle auslösen oder verschlechtern. NSAR sollten daher nur bei akuten Beschwerden eingenommen werden.

Deutlich weniger Nebenwirkungen weisen die teueren COX-2-Hemmer auf, die aber laut Deutscher Rheuma-Liga ein statistisch klar belegbares erhöhtes Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen aufweisen.[3]

Entzündungshemmend wirkt auch Kortison, das bei einer Gonarthrose mit einem lokalen Betäubungsmittel als Injektion topisch verabreicht wird und so nicht oder kaum systemisch wirkt. Da Kortison aber – ebenso wie lokale Betäubungsmittel – direkt ins Gelenk gespritzt, dem Knorpel schaden kann, sollte es nur vorübergehend bei starken Schmerzen eingesetzt werden.[4]

Auch Hyaluronsäure wird zur Behandlung einer Gonarthrose ins Gelenk injiziert. Als Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit soll es oberflächliche Knorpelaufbrüche abmildern, die Viskosität im Gelenk wieder herstellen und die Entzündung günstig beeinflussen. Studien zur Wirksamkeit von Hyaluronsäure bei Arthrose kommen aber zu widersprüchlichen Ergebnissen, weshalb der IGeL-Monitor die Hyaluronsäure-Injektion bei Kniegelenksarthose „tendenziell negativ“ bewertet.[5]

Eine medikamentöse Behandlung sollte immer von Physikalischer Therapie begleitet werden, die schmerzlindernd, durchblutungsfördernd und zur Stärkung der Muskulatur eingesetzt wird. Auch orthopädisch angefertigte Schuheinlagen können gegebenenfalls Fehlbelastungen mindern und damit das Kniegelenk wirksam schonen.

Ist die Arthrose zu weit fortgeschritten, mit starken Schmerzen und Funktionseinschränkungen verbunden, kann als ultima ratio ein künstliches Kniegelenk (Knie-Totalendoprothese) eingesetzt werden. Jährlich sind das die eingangs genannten knapp 190.000 Patienten, die für diese Operation vollstationär aufgenommen werden.

Mesotherapie als nichtkonventionelle Behandlungsform
Auch nichtkonventionelle Therapien wie Akupunktur [6], Stoßwellentherapie und Lasertherapie werden zur Behandlung der Gonarthrose eingesetzt.

Zu diesen nichtkonventionellen Behandlungsformen zählt auch die Mesotherapie, ein heilkundliches, minimalinvasives Verfahren, bei dem mit kurzen, feinen Nadeln individuell zusammengestellte Wirkstoffe nur in die Haut direkt am Ort des Geschehens injiziert werden.

Die Vorzüge einer solchen Vorgehensweise:

  • Da die Behandlung direkt vor Ort erfolgt, genügen bereits kleinste Wirkstoffmengen für einen lang anhaltenden Effekt. 
  • Die topisch verabreichten Wirkstoffe können nicht systemisch wirken, da sie nur in die Haut gespritzt werden und nicht in den enterohepatischen Kreislauf gelangen, was Nebenwirkungen weitestgehend ausschließt. 
  • Je nach Schweregrad und Indikation können bereits wenige Behandlungen zum gewünschten Erfolg führen.

Einsatz findet die Mesotherapie in der ästhetischen Medizin [7], im präventiven Bereich und vor allem kurativ. Hier ist die Bandbreite an Anwendungen besonders hoch und reicht von Durchblutungs- und Wundheilungsproblemen über Sportverletzungen und Überlastungsschäden bis hin zu rheumatischen und degenerativen Erkrankungen.

Verabreicht werden je nach Indikation verdünnte Allopathika, Homöopathika, Phytopharmaka, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente, die unmittelbar vor der Behandlung individuell zusammengemischt werden. Ein Lokalanästhetikum dient meist als Trägerlösung.

Für die Behandlung von Arthrosen werden homöopathische Komplexe, Durchblutungsmittel, ein Antirheumatikum sowie Calcitonin für den Knorpel- und Knochenstoffwechsel verwendet. Der Wirkstoffmix soll die entzündlichen Schübe aufhalten, die Gelenkfunktion wiederherstellen und die Schmerzen lindern.

Die gezielten Mikroinjektionen erfolgen nicht ins Gelenk selbst, sondern nur in die Haut darüber, die Wirkstoffe diffundieren dann intraartikulär.

Die Mesotherapie hat sich bei allen Arten von Gelenkarthrosen bewährt, selbst bei den sonst schwierig zu behandelnden Fingergelenksarthrosen.

Eine Studie zur Wirksamkeit bei Gonarthrose
Eine chinesische Studie ist nun der Frage nachgegangen, in wieweit sich die positiven Erfahrungswerte aus der Praxis wissenschaftlich belegen lassen.[8] Dazu wurden zwischen Mai 2016 und Juni 2017 an der orthopädischen Abteilung der Renmin Klinik der Wuhan Universität in der Provinz Hubei 50 Probanden mit diagnostizierter Gonarthrose etwa zur Hälfte mit NSAR behandelt (n = 24) und zur anderen Hälfte mesotherapeutisch (n = 26).

Studiendesign
Zu den Aufnahmekriterien zählten unter anderem ein Mindestalter von 50 Jahren, Knieschmerzen mit oder ohne Osteophyten, Krepitation, weniger als 30 Minuten Kniesteifheit sowie der labortechnische Nachweis einer Gonarthrose durch Untersuchung der Gelenkflüssigkeit bei den Probanden ohne Osteophyten.

Zur Behandlung erhielten die Probanden aus der NSAR-Gruppe drei Monate lang täglich zwei Tabletten Diclofenac 75 mg, die sie bei Bedarf auch länger verabreicht bekamen. Zudem durften sie Misoprostol oder Protonenpumpenhemmer (PPI) zur Vermeidung gastrointestinaler Komplikationen einnehmen. Bekannte Kontraindikationen bei NSAR waren für diese Probanden zuvor ausgeschlossen worden.

In der Mesotherapiegruppe wurden die Probanden abhängig davon behandelt, ob sie sich gerade in einer akuten oder chronischen Phase befanden:

  • Patienten in einer Akutphase erhielten drei Behandlungen (Tage 1, 8 und 15) mit einer Mischung aus 2 ml 1% Lidocain + 2ml Piroxicam (40 mg) + 1 ml Calcitonin 100 U. 
  • Patienten in einer chronischen Phase erhielten vier Behandlungen (Tage 1, 15, 30 und 60) mit einer Mischung aus 2 ml 2% Procain + 2 ml organisches Silicea + 1 ml Calcitonin 100 U. Die Behandlungen konnten bei Bedarf wiederholt werden, die orale Einnahme von Schmerzmitteln und Kortikosteroiden war nicht erlaubt. Zur Verabreichung wurden zwei unterschiedliche Injektionstechniken kombiniert: 
  • oberflächliche intradermale Injektionen (Nappage), großflächig mit einer Injektionstiefe von 1-2 mm vorderseitig und an vier Bereichen rund um das Knie, 
  • und tiefe intradermale Einzelinjektionen an sechs spezifischen Punkten (vier vorderseitig, zwei rückseitig). 

Das Follow-up erfolgte sechs Monate nach Behandlungsbeginn und hatte zum Ziel, die beiden Behandlungsmethoden hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit zu vergleichen. Die Daten wurden anhand des WOMAC Scores ausgewertet, einem Patient Reported Outcome-Instrument, mit dem sich die Wahrnehmung von Patienten bei einer Gonarthrosebehandlung statistisch beurteilen lässt. Zudem wurden etwaige Nebenwirkungen festgehalten und aktuelle Laborwerte ermittelt, die mit den Anfangswerten verglichen wurden.

Studienergebnisse
In beiden Gruppen hatten sich die klinischen Befunde und biochemischen Marker aufgrund der Behandlungen deutlich gebessert; die Blutviskosität war gesunken. Beide Gruppen wiesen zudem eine verminderte Kniesteifheit und eine deutliche Linderung der Schmerzen auf, die in der Mesotherapiegruppe allerdings höher ausfiel.

Auch die Funktionseinschränkungen waren in beiden Gruppen deutlich zurückgegangen, in der Mesotherapiegruppe hatte sich diese aber signifikant verbessert. Die Probanden aus der Mesotherapiegruppe wiesen außerdem signifikant weniger gastrointestinale Nebenwirkungen auf als die in der NSAR-Gruppe, die in 20,8 % der Fälle PPI einnehmen mussten. Auch die Anzahl an Nachbehandlungen waren in der Mesotherapiegruppe signifikant geringer als in der NSAR-Gruppe (15,4 % vs. 58,3 %).

Diskussion
Seit Jahrzehnten machen Ärzte wie Heilpraktiker gute Erfahrungen mit dem Einsatz der Mesotherapie bei Kniegelenksarthrosen. Diese positiven Erfahrungswerte konnten durch die Studie nun wissenschaftlich belegt werden.

Demnach führt die Mesotherapie, ebenso wie eine klassische NSAR-Behandlung, zu einer deutlichen Verbesserung klinischer Befunde und biochemischer Marker, hat aber im Vergleich zur NSAR-Behandlung deutlich weniger Nebenwirkungen und wird laut WOMAC Score von den Patienten als effektiver wahrgenommen.

Der Einsatz der Mesotherapie zur Behandlung der Gonarthrose erweist sich somit als gleichermaßen wirksam und sicher, weshalb sie sich als gute Alternative zur klassischen oralen NSAR-Behandlung empfiehlt.

Mehr zum Thema
1 Statistisches Bundesamt: (abgerufen am 10.10.2018)

2 Statistisches Bundesamt: (abgerufen am 10.10.2018)

3 Deutsche Rheuma-Liga: (abgerufen am 10.10.2018)

4 Timothy E, McAlindon TE, LaValley MP, Harvey WF et al: Effect of Intra-articular Triamcinolone vs Saline on Knee Cartilage Volume and Pain in Patients With Knee Osteoarthritis. A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2017;317(19):1967-1975

5 IGeL-Monitor: (abgerufen am 10.10.2018.)

6 Witt C, Brinkhaus B, Jena S et al: Acupuncture in patients with osteoarthritis of the knee: a randomised trial. Lancet Volume 366, ISSUE 9480, P136-143, July 09, 2005

7 Knoll B, Sattler G (Hrsg.): Bildatlas der ästhetischen Mesotherapie. Wirkstoffe, Dosierung, Anwendung. 2 Aufl., KVM Verlag, Berlin, 2017

8 Liang Ch,Dongqing L,Jun Z, Qiu B, Xianglei W: Therapeutic Effectiveness and Safety of Mesotherapy in Patients with Osteoarthritis of the Knee. Hindawi Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine. Volume 2018, Article ID 6513049